Wenn jemand von Johannes Stappert vom DBC Bochum spricht, dann hat diese Person viel zu erzählen. „Hannes“, so nennen ihn seine Billardkollegen und Freunde, ist eigentlich ein Mitglied wie jedes andere auch, wären da nicht so spannende Geschichten, die er zu erzählen hat.
Johannes wird im kommenden März siebzig Jahre alt und ist inzwischen 34 Jahre Mitglied beim DBC Bochum. Sein Hut, den er beim Billlardspielen noch nie zur Seite gelegt hat und sein mittlerweile lang gewachsener grauer Vollbart sind seine Markenzeichen. In den Kreisligen hat man sich schon seit langem an diesen äußerlich hervorstechenden Gegner gewöhnt. Vor wenigen Wochen erlebte Johannes sein persönliches Billardwunder, dass sich bis ins hinterste Billardzimmer rumgesprochen hat.
Wenn Johannes anfängt über seine ersten Begegnungen zum Billardsport zu erzählen, wird man als junger Zuhörer besonders neugierig.
Es war das Jahr 1976, als die Deutschen Billardmeisterschaften in allen Disziplinen in der Aula der Theodor-Körner-Schule in Bochum-Dahlhausen stattfinden sollten. Der damals 29-Jährige Johannes kam dank eines Presseartikels auf die Idee, sich selbst ein Bild von dem ihm noch unbekannten Sport zu machen.
Für ein entsprechendes Eintrittsgeld sah er damals neben dem für den DBC spielenden Paul Kimmeskamp auch andere große Namen. Auch unser Ehrenpräsident Karl-Heinz Sonneborn war damals als Spieler aktiv. Vor allem an Klaus Hose und Dieter Müller, erinnert sich Johannes. „Und Thomas Wildförster galt in dieser Zeit als großes Jungtalent“, fügt er hinzu.
Wenige Tage danach entschloss sich Johannes sich selbst ein Bild von den Billardräumen des Dahlhauser Billardvereins zu machen.
„Für mich war das schier unglaublich, wie nah man dem Sport dort sein konnte. Auf der einen Seite hast du die erfolgreichsten Billardspieler Deutschlands vor dir stehen und auf der anderen Seite grüßen sie dich und trainieren weiter, als wäre nichts.“ Ein breites Grinsen macht sich auf seinen Lippen breit, wenn er daran zurück denkt, wie Paul Kimmeskamp damals mit der Beitrittserklärung auf ihn zu kam.
Völlig überrascht von dieser Offenheit trat er damals in den Verein ein. Am Anfang probierte er nur aus. Neben zeitgleichen Neumitgliedern, die aus seiner Perspektive ziemlich schnell und ehrgeizig mit dem „klein klein“ anfingen, probierte Johannes anfangs nur aus. Der Spaß stand für ihn immer im Vordergrund und so begann er im zweiten Jahr damit im Mannschaftsport auf Kreisebene zu spielen.
Doch lebte er sich gerade ein, ging seine Musikerkarriere als Tontechniker richtig los. Dafür musste das Queue dann erst mal weichen.
Aufgrund seines Kontaktes zu zwei irischen Brüdern trat er in ihre irische Band „wild gees“ ein, mit der er quer durch ganz Europa tourte. 1978 ging er mit dieser Band, die stehts auf gute Laune setzte, auf die irische Insel. Das Land und die Leute sind für ihn einzigartig gewesen. Von spannenden nächtlichen Überfahrten auf die irische Halbinsel Sherkin Island, bis zu neu entdeckten Gesangstalenten auf Bierfässern irischer Pubs, gibt es unzählige spannende Geschichten.
Nach zwei Jahren kehrte er nach Bochum zurück und traf mit der Band zusammen, die später mit ihm den Hit Bruttosozialprodukt zu einem riesigen Erfolg führte.
Diese Zeit hat ihn sein Leben lang geprägt und jedes Detail und jede Geschichte, die sich dahinter verbirgt, weckt bei ihm noch heute Emotionen.
Nach dieser besonderen Zeit kehrte er 1986 zum DBC Bochum zurück. Gerade als mit den Nachwuchstalenten Volker Baten und Fabian Blondeel wieder der Spitzensport in Bochum angekommen war. Das waren für Johannes die neuen Gesichter des jungen DBC.
Auf die Frage, ob er genug Trainingspartner hatte bestätigt Johannes dies mit einer absoluten Selbstverständlichkeit. „Die anliegende Kneipe“, beschreibt Johannes, „hat immer wieder neue Gesichter nach vorne gebracht. Es waren immer wieder Neugierige da, die sich für eine Tischmiete das Queue schnappten und spielten.“
1988 traf er sich dann immer regelmäßig mit einem Freund mit dem er bis nachts um 3 Uhr spielte.
Ab 1989 fuhr Johannes nachts Taxi. Die Arbeit als Lehrer hatte ihn in jungen Jahren nicht zufrieden gestellt. Von nun an spielte sich auch die Freizeit in den Nachtstunden ab. Wenn die letzten Billardspieler das Billardzentrum verlassen, kocht sich Johannes noch heute sein Mittagessen.
Dass habe ihm als Spieler in einer Mannschaft schwer zu schaffen gemacht. 90% seiner Billardpartien habe er nicht mit mehr als 4 Stunden Schlaf im Schnitt absolviert. Doch das symbolisiere für ihn, dass man Billard beim DBC Bochum auch als Zeitvertreib spielen könne.
Seit 2012 fährt „Hannes“ kein Taxi mehr und hat dafür mit dem Harley fahren angefangen. Das Dröhnen des Motors ist bis in die Vereinsräume zu hören und auch zu Auswärtsspielen nimmt er gerne seine Mitspieler mit.
Es ist wie ein kitschiges Märchen und dennoch unbezahlbar für den Billardsport. Ein Moment in dem Anzeigetafel, Gegenspieler und die eigenen Gedanken ausgeblendet werden. Du nicht genau weißt wieso gerade jetzt? Heute?
Johannes wird beim Dreiband leidenschaftlich. Der „Kreuz-Karo-Dreibänder“ von Fabian Blondeel gegen Wolfgang Zenkner, der vor einigen Jahren die Meisterschaft bescherte, bringt Johannes noch heute zum Schwärmen.
Dass ihm jetzt mit fast 70 Jahren selber noch ein wahres Kunststück gelungen ist, hat weder er, noch haben es seine Mitspieler für möglich gehalten. In 18 Aufnahmen 20 Ball. Selber weiß er auch noch nicht genau wie er das geschafft hat.
Auf einmal war sie da die Konzentration. Freunde, Bekannte, sie alle waren uninteressant. Und dann wird er plötzlich philosophisch: „Im Training hat es immer mal wieder geklappt, aber nie regelmäßig. Es ist, als hätten sich in dieser Partie alle Steinchen aus den Jahren zu einem Mosaik geformt. Es war wie Magie“.